Gemeinde Sankt Oswald-Riedlhütte

Chronik von Sankt Oswald - Riedlhütte

Gemeindewappen

Mit Entschließung vom 5. August 1957, dem Namensfest des Schutzpatrons von Kirche und Gemeinde, verlieh das Staatsministerium des Innern der Gemeinde das Wappen,
das "Geteilt von Blau und Gold, oben zwischen zwei gekreuzten silbernen Beilen schwebend einen silbernen Glasbecher, unten auf grünem Dreiberg sitzend einen schwarzen Raben mit einem silbernen Ring im Schnabel" zeigt.
Der Rabe ist das Attribut des namengebenden Ortspatrons, des heiligen Oswald. Der Rabe ist schon im alten Wappen der vom 1581/1587 bis zur Säkularisation 1803 bestehenden Propstei Sankt Oswald der Benediktinerabtei Niederaltaich zu finden.
Der goldene Dreiberg im Schildfuß ist vom Niederaltaicher Klosterwappen übernommen; das Kloster hat durch seine Kolonisationstätigkeit viel zur Erschließung des Bayerischen Waldes beigetragen.
Die Farben des oberen Feldes entsprechen den bayerischen Landesfarben. Die gekreuzten Beile symbolisieren die Entstehung des Ortes durch Rodung und zugleich die Bedeutung der Forstwirtschaft. Der Glasbecher verweist auf die um 1450 begründete Glasfabrikation in Riedlhütte.

 

 

Kurzchronik

Die Geschichte des Klosters St. Oswald


Am Anfang war nur der große Wald. Wann und wie die ersten Dörfer zwischen Rachel und Lusen entstanden sind, weiß niemand genau. Lesen und Schreiben konnten damals um das Jahr 1000 nur die geistlichen Herren und die saßen noch weitab im Kloster Niederalteich. Die erste Kunde erfahren wir aus dem Salbuch der Grafen von Windberg, deren Burg nahe der Stadt Vilshofen lag und inzwischen eine längst verfallene Ruine geworden ist. Ihre Nachfolger waren die Grafen von Hals.
Im Jahr 1319 - so kündet die Geschichte - weilte der Graf zur Jagd bei uns, stürzte vom Pferd und erlebte eine wundersame Heilung an einer Quelle. Zum Dank dafür stiftete er zu Ehren des Hl. Oswald eine Kapelle. Der Schutzpatron dieser Kapelle, der englische König und Märtyrer Sankt Oswald, hat sich um die Ausbreitung des Christentums in unserem Land verdient gemacht.
Landgraf Johann von Leuchtenberg, Vizedom von Niederbayern, Erbe und Nachfolger der 1375 ausgestorbenen Grafen von Hals bei Passau, erbaute 1389 über der Brunnenkapelle eine kleine Kirche und begründete an gleicher Stelle 1396 ein Kloster. Zu seiner Gründung übergab der Stifter die ihm unterstellte Pfarrei der nahen Stadt Grafenau, die bis 1803 bei Sankt Oswald verblieb, 6 Dörfer, eine Sägemühle und die ausgedehnten Waldungen bis Rachel und Lusen.
Das Klösterlein wurde mit Paulinermönchen aus Italien besetzt, den ersten, die nach Bayern kamen. An der rauen, wenig fruchtbaren Hochwaldgegend fanden sie keinen Gefallen, deshalb zogen sie schon nach 35 Jahren, im Jahre 1431 wieder ab.
Auf Bitten des Grafen übernahmen nunmehr Augustiner Chorherren die verlassene Stätte. Im Landshuter Erbfolgekrieg 1504 hatte auch Sankt Oswald schwer zu leiden. Die Grafschaft Hals kam unter herzogliche Landeshoheit und da auch die Augustiner Chorherren mit dem Wald und dem rauhen Klima nicht fertig wurden, bat der Herzog im Jahr 1581 den Abt von Niederalteich, das Kloster Sankt Oswald unter die Obhut der Benediktiner zu nehmen. Nun erlebte das Kloster einen großen Aufschwung und war jahrhundertelang geistiger Mittelpunkt des mittleren Bayerischen Waldes.
Auf dem herzoglichen "Goldenen Steig" von Vilshofen über Sankt Oswald und der Blauen Säule am Lusen wurde das wertvolle Salz jahrhundertlang in das böhmische Land transportiert. Das Jahr 1803 brachte infolge der napoleonischen Kriege tief greifende staatliche und kulturelle Veränderungen, darunter die gewaltsame Aufhebung und Enteignung vieler bayerischer Klöster. Auch das Kloster Sankt Oswald verfiel der Auflösung, das Land verlor seinen uralten Kulturmittelpunkt. Der Staat nahm die Waldungen in Besitz und aus den lehenspflichtigen Klosteruntertanen wurden Holzhauer und Bauern.
Unter unsäglichen Mühen mussten unsere Vorfahren dem Wald Felder und Wiesen abringen. Dafür aber gab der Wald Feuerungsmaterial, Quarz und Pottasche für die Glaserzeugung.
Die Geschichte der Glasfabrik Riedlhütte
Mit dem Bau des Säumerweges (Goldener Steig) 1365 – 1366, unter Karl IV., als Handelsweg von Bergreichenstein über Innergefild, Pürstling, Blaue Säule, Waldhäuser, Draxlschlag, Grafenau, konnte auch der höher gelegene Urwald zwischen Rachel und Lusen erschlossen werden.
Bereits 1417 wird die Nachbarhütte Schönau unterhalb des Lusen im Urbarbuch Etzels von Ortenburg erwähnt. Als Hüttenbesitzer wird ein Haderpeck genannt. Daraus ist zu schließen, dass die Glasfabrik Riedlhütte auch um 1420 als „Hütte am Reichenberg“ gegründet wurde.
Die erste schriftliche Erwähnung finden wir um 1450 als Peter Zmizlik aus Schilchenstein in Böhmen die Glashütte bei einem Raubzug überfiel und plünderte.
Eine weitere urkundliche Erwähnung als „Glashütte am Reichenberg“ ist im Scharwerksregister der Herrschaft Bärnstein vom Jahre 1488 verzeichnet und zwar mit den Glashüttenbesitzern Jörg Glaser und Ruedel Glaser.
1503, am Ägiditag, wird die „Hütte am Reichenberg“ unter Herzog Georg dem Reichen in Landshut vererbrechtet. In den Akten wird erwähnt, dass der alte Original-Erbrechtsbrief verbrannt ist, das heißt, dass das Hüttengut in dieser Größe schon wesentlich früher bestand.’
Der Glashütte wurde vom Rachel zum Plattenhausen, bis zum Schreyerbach und als untere Grenze bis zur Großen Ohe, eine Waldfläche von ca. 3200 ha vererbrechtet.
1527 erscheint der erste Glashüttenbesitzer mit dem Namen Georg oder Jörg Riedl, nun auch der Glashütte den Namen Riedlhütte gab.
Die Familie Riedl war ca. 90 Jahre Besitzer der Glasfabrik Riedlhütte.
In den folgenden Jahren sind mehrere Besitzer zu verzeichnen. im 30jährigen Krieg wurde das Hüttengut des Öfteren geplündert und verfiel fast ganz.
1652 wurde die Glashütte Riedlhütte von obrigkeitswegen an den Hüttenmeister Hans Wilhelm Poschinger aus Frauenau verkauft.
Poschinger ließ die Glashütte Guglöd abbrechen und setzte die Glashütte Riedlhütte wieder in Gang. Sein Sohn Wilhelm Poschinger betrieb die Glasfabrik nur bis 1684 und verkaufte die Hütte
dann an Peter Durstweckhl aus Zwiesel.
1695 wurde die Glashütte Riedlhütte an Zacharias Hilz, Glashüttenmeister in Schönau verkauft. Damit gelangte die Riedlhütte in den Besitz eines der bekanntesten und größten Glasmachergeschlechter des Bayerischen Waldes. Die Familie Hilz hatte das Glashüttengut bis zum Verkauf an den Bayerischen Staat im Jahre 1832 in Besitz, also 137 Jahre lang.
Die Glashütte war als Waldhüttengut autark. In den Hochlagen wurden die alten und modrigen Bäume verascht und man gewann aus der Asche die zur Glasschmelze notwendige Pottasche.
Der Quarz, als Hauptrohstoff für die Glasschmelze, wurde als Kieselsteine in den Flüssen gesammelt und später bergmännisch in Guglöd in einem Quarzbruch abgebaut. Nur der Kalk und Hafenton musste aus der Donauebene und über den Goldenen Steig aus Böhmen bezogen werden.
Die Glashütte wurde im Laufe der Jahrhunderte an drei verschiedenen Standorten in Riedlhütte, zwei Mal in Guglöd und in Neuriedlhütte betrieben.
Die Produktion bestand hauptsächlich aus Fenster- und Spiegelglas, Glasperlen und kleinen Fläschchen.
Der letzte Glashüttenbesitzer der Familie Hilz, Anton Hilz, verkaufte das Glashüttengut 1832 an den Bayerischen Staat.
Die Familie Roscher, Glasgroßhändler aus Regensburg, erwarb 1834 die Glashütte Riedlhütte vom Bayerischen Staat mit einem Holzabnahmekontrakt. Das Aschenbrennen war im jetzigen Staatswald nicht mehr gestattet.
Roscher betrieb die Glasfabrik in Riedlhütte an zwei Standorten und produzierte Fenster- und Spiegelglas. 1890 errichtete Roscher eine neue Glashütte am jetzigen Standort, nach dem damaligen modernsten Stand der Technik.
Durch die Revierferne konnte die Familie Roscher den Anschluss an die Konkurrenz nicht mehr finden. Die Hütte wurde stillgelegt und es erfolgte 1905 die endgültige Schließung.
1908 übernahm die Firma Nachtmann - Familie Frank - aus Neustadt an der Waldnaab die Glasfabrik Riedlhütte. Zunächst wurde Kristallglas für die Metallwarenfabriken und Rohglas für die Glasschleifereien in Neustadt / Waldnaab und Riedlhütte produziert. Auch Beleuchtungskörper für die Königlichen Eisenbahnen in Bayern, Württemberg und Sachsen wurden in Riedlhütte hergestellt.
1924/25 begann man in Riedlhütte mit der Bleiglasproduktion. Die Entwicklung ging dann stetig aufwärts. Von überall her wurden Glasmacher und Glasschleifer angeworben: aus dem Bayerischen Wald, aus der Oberpfalz, Schlesien der Tschechoslowakei, Ungarn und aus Österreich.
Die Hauptproduktion bestand aus Bleikristallkelchen, Überfangartikel, Vasen und Schalen, und Überfangrömer.
1930 wurde der legendäre „Nachtmann-Überfangrömer“ mit dem Dekor „Traube“ kreiert und in acht verschiedenen Farben produziert.
Im Zweiten Weltkrieg musste die Luxus-Glasproduktion aufgegeben werden. Die verkleinerte Produktion wurde auf kriegswichtige Herstellung von Panzerprismen umgestellt.
Nach 1945 hatte die Glasfabrik Riedlhütte eine stetige Aufwärtsentwicklung. Die Mischproduktion von Geschenkartikeln sowie Kristallglaskelchen wurde 1960 reduziert und ab dieser Zeit wurden nur noch Bleikristall Servicegläser und Überfangrömer produziert.
Der Betrieb wurde ständig modernisiert, die Glasschmelzöfen wurden 1964 von Holz- und Kohlegas auf Ölfeuerung umgestellt.
Ab 1970 schmolz man in Riedlhütte mit Ferngas und schließlich ab 1977 wurde die Umwelt freundlichste Elektro-Glasschmelze eingeführt. Ab dieser Zeit erfolgte auch die maschinelle Fertigung der Bleikristall Kelchgläser.
Die Glasfabrik Riedlhütte war zu dieser Zeit der größte Bleikristall Kelchglas-Hersteller Europas. Über 60 % der Produktion wurden exportiert.
Zum Handschliff wurden ab 1964 zusätzlich Schleifautomaten eingesetzt und die Umwelt belastende Säurepolitur mit Fluss- und Schwefelsäure auf das modernste Verfahren der Welt umgestellt.
Die Glasfabrik Riedlhütte betrieb eine hervorragende Facharbeiterausbildung in allen Bereichen, so dass die Mitarbeiterzahl Ende der 80er Jahre auf über 800 anstieg.
Die kleine Glasmacherortschaft Riedlhütte entwickelte sich zu einem Industrieort.
Im Dezember 2004 geht die fast 100jährige Ära Nachtmann/Frank in Riedlhütte zu Ende. Der Nachtmannkonzern und mit ihm auch die Glasfabrik Riedlhütte wird von Riedel – Glas – Kufstein erworben. Nach fünf Jahren, am 23. Dezember 2009 hat der neue Besitzer, Georg Riedel aus Kufstein das Werk Riedlhütte für immer geschlossen. Eine fast 580 – jährige Glastradition ist zu Ende. Das „gläserne Herz“ von Riedlhütte hat aufgehört zu schlagen! An die Glasindustrie erinnert heute noch ein Gedenkkreuz aus Glas am Werksgelände der Firma Nachtmann.
Die Jahrhunderte alte Glasmachertradition wird heute noch von den beiden kleinen Glashütten „Glasscherben Köck“ und der „Josephshütte“ aufrechterhalten.
Durch das erste Gemeindeedikt vom Jahr 1808 wurden aus den lehenspflichtigen Klosterdörfern die Ortsgemeinden, durch das zweite Gemeindeedikt vom Jahre 1818 die jetzige politische Gemeinde Sankt Oswald gebildet. Mit Entschließung vom 05.08.1957, dem Namensfest des Schutzpatrons von Kirche und Gemeinde, verlieh das Staatsministerium des Innern der Gemeinde das Wappen, das "Geteilt von Blau und Gold, oben zwischen zwei gekreuzten silbernen Beilen schwebend einen silbernen Glasbecher, unten auf grünem Dreiberg sitzend einen schwarzen Raben mit einem silbernen Ring im Schnabel" zeigt. Durch den Aufschwung der Glashütte, der Umstellung der früher landwirtschaftlich ausgerichteten Gemeinde zur Industrie- und Fremdenverkehrsgemeinde verlieh das Bayer. Staatsministerium des Innern am 01.03.1979 der Gemeinde den Doppelnamen "Sankt Oswald-Riedlhütte".
 
Quelle: Archiv Gemeinde; Christa und Willi Steger „ Riedlhütte im Wandel der Zeit“,Hrsg. Ohetaler Verlag, Riedlhütte